Samstag, 19. September 2015
Theorie: Binäre Relationen und Quantoren
Dieser Beitrag soll einen beliebten Fehlschluss aufzeigen. Aber um den zu verstehen, müssen wir uns zunächst ansehen, was binäre Relationen und Quantoren sind.

Eine binäre Relation beschreibt den Zusammenhang zwischen genau zwei Elementen. Wer sich in der Prädikatenlogik etwas genauer auskennt, erkennt hier vermutlich, dass eine solche Relation nichts anderes als ein Prädikat ist.
Es sei also p ein Prädikat, dann ist p(x, y) eine binäre Relation zwischen den Elementen x und y.

Bsp.:
p(x, y) := x liebt y
p(Max, Berta) => Max liebt Berta

Ein Quantor "quantifiziert" eine Aussage. Wenn ich nun eine Aussage über ein Element x (beispielsweise über ein Prädikat) treffe, kann ich mit einem Quantor mitteilen, ob diese Aussage für alle x oder für mindestens ein x gelten soll. Da dieser Blog mir die Sonderzeichen verwehrt, sei hier kurz der Rat erteilt, die Symbole selbst nachzusehen, unter den Stichworten "Allquantor" und "Existenzquantor". In diesem Blog steht "A" für den Allquantor und "E" für den Existenzquantor (falls nicht anders eingeführt), um dennoch darüber schreiben zu können.

Bsp.:
Ax : p(x, Berta) => Jeder liebt Berta
Ay : p(Max, y) => Max liebt jeden
Ex : p(x, Berta) => Jemand liebt Berta
Ey : p(Max, y) => Max liebt jemanden

Nun kann man diese Quantoren auch schachteln. Hier seien nun alle Möglichkeiten aufgelistet. Macht Euch bitte die Unterschiede dieser Aussagen bewusst!

AxAy : p(x, y) => Jeder liebt jeden
AxEy : p(x, y) => Jeder liebt jemanden
ExAy : p(x, y) => Jemand liebt jeden
ExEy : p(x, y) => Jemand liebt jemanden

AyAx : p(x, y) => Jeder wird von jedem geliebt
AyEx : p(x, y) => Jeder wird von jemandem geliebt
EyAx : p(x, y) => Jemand wird von jedem geliebt
EyEx : p(x, y) => Jemand wird von jemandem geliebt

Und nun zu einem der beliebten Fehlschlüssen in philosophischen Schrifen...
Viele glauben, dass die Aussage

AxEy : p(x, y)

äquivalent zu der Aussage

EyAX : p(x, y)

sei. Das ist aber nunmal nicht der Fall. Wie im obigen Beispiel gesehen, kann man diese Quantoren nicht einfach so vertauschen, und das Prädikat dabei unberührt lassen. Jemand, der soetwas behauptet, hat somit auch gesagt, dass wenn "Jeder jemanden liebt" folglich auch "Jemand von jedem geliebt wird". Wir wissen offenbar, dass das nicht so ist.

In der Praxis wird aber keine solch einfache Relation wie etwa "x liebt y" verwendet. Beim raschen Durchlesen hört sich die Argumentation durchaus schlüssig und korrekt an. Bei genauerem Betrachten jedoch, ist dies nicht der Fall.

Es folgt dazu ein Beispiel, an dem wir das sehen werden.

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Freitag, 11. September 2015
Kommentar: Was die Gerechtigkeit nicht ist (Platon)
So, hier eine versprochene Erläuterung zu dem Auszug aus der Politeia von Platon:

Behauptung:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurück geben soll.

Voraussetzung:
Es ist eine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.

Daraus deduziert man:
Es ist gerecht, einem Wahnsinnigen Waffen zu geben. Das aber ist absurd.

Konklusion:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.

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Montag, 7. September 2015
Platon: Was die Gerechtigkeit nicht ist
"Das sagst Du sehr schön Kephalos, erwiderte ich. Doch was nun eben diesen Punkt, die Gerechtigkeit, betrifft: sollen wir behaupten, sie bestehe einfach nur darin, daß man die Wahrheit sagt und daß man das wieder zurück gibt, was man von jemandem empfangen hat? Oder ist auch das manchmal gerecht und manchmal wieder ungerecht? Wenn zum Beispiel jemand von einem Freunde, der bei gutem Verstande ist, Waffen in Verwahrung genommen hat und wenn dann dieser wahnsinnig wird und sie in solchem Zustand wieder zurückverlangt - da wird doch jeder zugeben, daß er sie ihm nicht wieder ausliefern darf und daß es von ihm nicht gerecht wäre, wenn er sie zurückgäbe, und ebensowenig, wenn er einem Menschen, der in diesem Zustande ist, die volle Wahrheit sagen wollte.

'Du hast Recht', sagte er.

Dann ist also dies nicht die richtige Bestimmung des Begriffs der Gerechtigkeit: daß man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll."

Aus: Platon: Der Staat, Erstes Buch [331c]





Soo... Hier mal ein weiterer interessanter Auszug. Die Argumentform kennen wir doch? :-)
Ein Kommentar folgt demnächst.

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