Samstag, 19. September 2015
Theorie: Binäre Relationen und Quantoren
phanthasmo, 10:14h
Dieser Beitrag soll einen beliebten Fehlschluss aufzeigen. Aber um den zu verstehen, müssen wir uns zunächst ansehen, was binäre Relationen und Quantoren sind.
Eine binäre Relation beschreibt den Zusammenhang zwischen genau zwei Elementen. Wer sich in der Prädikatenlogik etwas genauer auskennt, erkennt hier vermutlich, dass eine solche Relation nichts anderes als ein Prädikat ist.
Es sei also p ein Prädikat, dann ist p(x, y) eine binäre Relation zwischen den Elementen x und y.
Bsp.:
p(x, y) := x liebt y
p(Max, Berta) => Max liebt Berta
Ein Quantor "quantifiziert" eine Aussage. Wenn ich nun eine Aussage über ein Element x (beispielsweise über ein Prädikat) treffe, kann ich mit einem Quantor mitteilen, ob diese Aussage für alle x oder für mindestens ein x gelten soll. Da dieser Blog mir die Sonderzeichen verwehrt, sei hier kurz der Rat erteilt, die Symbole selbst nachzusehen, unter den Stichworten "Allquantor" und "Existenzquantor". In diesem Blog steht "A" für den Allquantor und "E" für den Existenzquantor (falls nicht anders eingeführt), um dennoch darüber schreiben zu können.
Bsp.:
Ax : p(x, Berta) => Jeder liebt Berta
Ay : p(Max, y) => Max liebt jeden
Ex : p(x, Berta) => Jemand liebt Berta
Ey : p(Max, y) => Max liebt jemanden
Nun kann man diese Quantoren auch schachteln. Hier seien nun alle Möglichkeiten aufgelistet. Macht Euch bitte die Unterschiede dieser Aussagen bewusst!
AxAy : p(x, y) => Jeder liebt jeden
AxEy : p(x, y) => Jeder liebt jemanden
ExAy : p(x, y) => Jemand liebt jeden
ExEy : p(x, y) => Jemand liebt jemanden
AyAx : p(x, y) => Jeder wird von jedem geliebt
AyEx : p(x, y) => Jeder wird von jemandem geliebt
EyAx : p(x, y) => Jemand wird von jedem geliebt
EyEx : p(x, y) => Jemand wird von jemandem geliebt
Und nun zu einem der beliebten Fehlschlüssen in philosophischen Schrifen...
Viele glauben, dass die Aussage
AxEy : p(x, y)
äquivalent zu der Aussage
EyAX : p(x, y)
sei. Das ist aber nunmal nicht der Fall. Wie im obigen Beispiel gesehen, kann man diese Quantoren nicht einfach so vertauschen, und das Prädikat dabei unberührt lassen. Jemand, der soetwas behauptet, hat somit auch gesagt, dass wenn "Jeder jemanden liebt" folglich auch "Jemand von jedem geliebt wird". Wir wissen offenbar, dass das nicht so ist.
In der Praxis wird aber keine solch einfache Relation wie etwa "x liebt y" verwendet. Beim raschen Durchlesen hört sich die Argumentation durchaus schlüssig und korrekt an. Bei genauerem Betrachten jedoch, ist dies nicht der Fall.
Es folgt dazu ein Beispiel, an dem wir das sehen werden.
Eine binäre Relation beschreibt den Zusammenhang zwischen genau zwei Elementen. Wer sich in der Prädikatenlogik etwas genauer auskennt, erkennt hier vermutlich, dass eine solche Relation nichts anderes als ein Prädikat ist.
Es sei also p ein Prädikat, dann ist p(x, y) eine binäre Relation zwischen den Elementen x und y.
Bsp.:
p(x, y) := x liebt y
p(Max, Berta) => Max liebt Berta
Ein Quantor "quantifiziert" eine Aussage. Wenn ich nun eine Aussage über ein Element x (beispielsweise über ein Prädikat) treffe, kann ich mit einem Quantor mitteilen, ob diese Aussage für alle x oder für mindestens ein x gelten soll. Da dieser Blog mir die Sonderzeichen verwehrt, sei hier kurz der Rat erteilt, die Symbole selbst nachzusehen, unter den Stichworten "Allquantor" und "Existenzquantor". In diesem Blog steht "A" für den Allquantor und "E" für den Existenzquantor (falls nicht anders eingeführt), um dennoch darüber schreiben zu können.
Bsp.:
Ax : p(x, Berta) => Jeder liebt Berta
Ay : p(Max, y) => Max liebt jeden
Ex : p(x, Berta) => Jemand liebt Berta
Ey : p(Max, y) => Max liebt jemanden
Nun kann man diese Quantoren auch schachteln. Hier seien nun alle Möglichkeiten aufgelistet. Macht Euch bitte die Unterschiede dieser Aussagen bewusst!
AxAy : p(x, y) => Jeder liebt jeden
AxEy : p(x, y) => Jeder liebt jemanden
ExAy : p(x, y) => Jemand liebt jeden
ExEy : p(x, y) => Jemand liebt jemanden
AyAx : p(x, y) => Jeder wird von jedem geliebt
AyEx : p(x, y) => Jeder wird von jemandem geliebt
EyAx : p(x, y) => Jemand wird von jedem geliebt
EyEx : p(x, y) => Jemand wird von jemandem geliebt
Und nun zu einem der beliebten Fehlschlüssen in philosophischen Schrifen...
Viele glauben, dass die Aussage
AxEy : p(x, y)
äquivalent zu der Aussage
EyAX : p(x, y)
sei. Das ist aber nunmal nicht der Fall. Wie im obigen Beispiel gesehen, kann man diese Quantoren nicht einfach so vertauschen, und das Prädikat dabei unberührt lassen. Jemand, der soetwas behauptet, hat somit auch gesagt, dass wenn "Jeder jemanden liebt" folglich auch "Jemand von jedem geliebt wird". Wir wissen offenbar, dass das nicht so ist.
In der Praxis wird aber keine solch einfache Relation wie etwa "x liebt y" verwendet. Beim raschen Durchlesen hört sich die Argumentation durchaus schlüssig und korrekt an. Bei genauerem Betrachten jedoch, ist dies nicht der Fall.
Es folgt dazu ein Beispiel, an dem wir das sehen werden.
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Freitag, 11. September 2015
Kommentar: Was die Gerechtigkeit nicht ist (Platon)
phanthasmo, 23:16h
So, hier eine versprochene Erläuterung zu dem Auszug aus der Politeia von Platon:
Behauptung:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurück geben soll.
Voraussetzung:
Es ist eine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.
Daraus deduziert man:
Es ist gerecht, einem Wahnsinnigen Waffen zu geben. Das aber ist absurd.
Konklusion:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.
Behauptung:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurück geben soll.
Voraussetzung:
Es ist eine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.
Daraus deduziert man:
Es ist gerecht, einem Wahnsinnigen Waffen zu geben. Das aber ist absurd.
Konklusion:
Es ist keine korrekte Definition des Gerechtigkeitsbegriffs: dass man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll.
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Montag, 7. September 2015
Platon: Was die Gerechtigkeit nicht ist
phanthasmo, 09:52h
"Das sagst Du sehr schön Kephalos, erwiderte ich. Doch was nun eben diesen Punkt, die Gerechtigkeit, betrifft: sollen wir behaupten, sie bestehe einfach nur darin, daß man die Wahrheit sagt und daß man das wieder zurück gibt, was man von jemandem empfangen hat? Oder ist auch das manchmal gerecht und manchmal wieder ungerecht? Wenn zum Beispiel jemand von einem Freunde, der bei gutem Verstande ist, Waffen in Verwahrung genommen hat und wenn dann dieser wahnsinnig wird und sie in solchem Zustand wieder zurückverlangt - da wird doch jeder zugeben, daß er sie ihm nicht wieder ausliefern darf und daß es von ihm nicht gerecht wäre, wenn er sie zurückgäbe, und ebensowenig, wenn er einem Menschen, der in diesem Zustande ist, die volle Wahrheit sagen wollte.
'Du hast Recht', sagte er.
Dann ist also dies nicht die richtige Bestimmung des Begriffs der Gerechtigkeit: daß man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll."
Aus: Platon: Der Staat, Erstes Buch [331c]
Soo... Hier mal ein weiterer interessanter Auszug. Die Argumentform kennen wir doch? :-)
Ein Kommentar folgt demnächst.
'Du hast Recht', sagte er.
Dann ist also dies nicht die richtige Bestimmung des Begriffs der Gerechtigkeit: daß man die Wahrheit sagen und das, was man empfangen hat, wieder zurückgeben soll."
Aus: Platon: Der Staat, Erstes Buch [331c]
Soo... Hier mal ein weiterer interessanter Auszug. Die Argumentform kennen wir doch? :-)
Ein Kommentar folgt demnächst.
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Dienstag, 18. August 2015
Kommentar: Laches 192c-d (Platon)
phanthasmo, 18:23h
In diesem Abschnitt wird eine Defitiniton der Tapferkeit widerlegt. Um den nachfolgenden Teil vollständig zu verstehen, empfehle ich, zunächst 192c-d (aus Laches) gelesen zu haben.
Es wird folgende These vertreten: Tapferkeit ist seelische Beharrlichkeit.
Diese These können wir auch als eine Äquivalenzaussage formulieren: Eine Person ist tapfer genau dann, wenn sie seelisch beharrlich ist.
Symbolisch: Für alle x: T(x) <=> B(x)
(T = tapfer; B = beharrlich)
Nun folgen zwei Prämissen. Zunächst: Tapferkeit gehört zu den vortrefflichen Gegenständen.
Dies schreiben wir als Implikation: Wenn eine Person tapfer ist, ist sie vortrefflich.
Symbolisch: Für alle x: T(x) => V(x)
(T = tapfer; V = vortrefflich)
Die zweite Prämisse lautet: Seelische Beharrlichkeit mit Verstand ist vortrefflich, seelische Beharrlichkeit mit Unverstand ist nicht vortrefflich.
In Logik gedacht, erhalten wir eine Existenzaussage der Form: Es gibt Personen, die seelisch beharrlich und vortrefflich sind, und es gibt Personen, die seelisch beharrlich und nicht vortrefflich sind.
Den zweiten Teil der zweiten Prämisse schreiben wir auch symbolisch auf: Es gibt x: B(x) und nicht V(x)
(B = beharrlich; V = vortrefflich)
Wir wollen nun diesen letzten Teil der Prämisse negieren:
nicht (Es gibt x: B(x) und nicht V(x))
<=> Für alle x: nicht (B(x) und nicht V(x))
<=> Für alle x: nicht B(x) oder V(x)
<=> Für alle x: B(x) => V(x)
(In Worten: Wenn eine Person beharrlich ist, dann ist sie vortrefflich)
Wir können also das zweite Prädikat (zumindest dessen letzten Teil) auch so schreiben:
nicht (Für alle x: B(x) => V(x))
Nun untersuchen wir die These und die erste Prämisse nocheinmal:
T: Für alle x: T(x) <=> B(x)
P: Für alle x: T(x) => V(x)
Wegen der These aber können wir das Prädikat T/1 in der Prämisse durch das Prädikat B/1 ersetzen und erhalten dann:
Für alle x: B(x) => V(x)
Nun aber haben wir einmal
Für alle x: B(x) => V(x)
und einmal
nicht (Für alle x: B(x) => V(x))
Wir haben also mit der These, dass Tapferkeit eine seelische Beharrlichkeit sei, einen logischen Widerspruch hergeleitet (genauer gesagt, hat das Platon getan) :-)
Damit folgt natürlich die Falschheit der These unter der Voraussetzung, dass die Prämissen als wahr anerkannt wurden.
Wir machen demnächst noch mit ein paar weiteren historischen Beispielen weiter, bevor wir uns in die Philosophie des 20. Jahrhunderts stürzen.
Es wird folgende These vertreten: Tapferkeit ist seelische Beharrlichkeit.
Diese These können wir auch als eine Äquivalenzaussage formulieren: Eine Person ist tapfer genau dann, wenn sie seelisch beharrlich ist.
Symbolisch: Für alle x: T(x) <=> B(x)
(T = tapfer; B = beharrlich)
Nun folgen zwei Prämissen. Zunächst: Tapferkeit gehört zu den vortrefflichen Gegenständen.
Dies schreiben wir als Implikation: Wenn eine Person tapfer ist, ist sie vortrefflich.
Symbolisch: Für alle x: T(x) => V(x)
(T = tapfer; V = vortrefflich)
Die zweite Prämisse lautet: Seelische Beharrlichkeit mit Verstand ist vortrefflich, seelische Beharrlichkeit mit Unverstand ist nicht vortrefflich.
In Logik gedacht, erhalten wir eine Existenzaussage der Form: Es gibt Personen, die seelisch beharrlich und vortrefflich sind, und es gibt Personen, die seelisch beharrlich und nicht vortrefflich sind.
Den zweiten Teil der zweiten Prämisse schreiben wir auch symbolisch auf: Es gibt x: B(x) und nicht V(x)
(B = beharrlich; V = vortrefflich)
Wir wollen nun diesen letzten Teil der Prämisse negieren:
nicht (Es gibt x: B(x) und nicht V(x))
<=> Für alle x: nicht (B(x) und nicht V(x))
<=> Für alle x: nicht B(x) oder V(x)
<=> Für alle x: B(x) => V(x)
(In Worten: Wenn eine Person beharrlich ist, dann ist sie vortrefflich)
Wir können also das zweite Prädikat (zumindest dessen letzten Teil) auch so schreiben:
nicht (Für alle x: B(x) => V(x))
Nun untersuchen wir die These und die erste Prämisse nocheinmal:
T: Für alle x: T(x) <=> B(x)
P: Für alle x: T(x) => V(x)
Wegen der These aber können wir das Prädikat T/1 in der Prämisse durch das Prädikat B/1 ersetzen und erhalten dann:
Für alle x: B(x) => V(x)
Nun aber haben wir einmal
Für alle x: B(x) => V(x)
und einmal
nicht (Für alle x: B(x) => V(x))
Wir haben also mit der These, dass Tapferkeit eine seelische Beharrlichkeit sei, einen logischen Widerspruch hergeleitet (genauer gesagt, hat das Platon getan) :-)
Damit folgt natürlich die Falschheit der These unter der Voraussetzung, dass die Prämissen als wahr anerkannt wurden.
Wir machen demnächst noch mit ein paar weiteren historischen Beispielen weiter, bevor wir uns in die Philosophie des 20. Jahrhunderts stürzen.
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Donnerstag, 13. August 2015
Theorie: Der "reductio ad absurdum" (oder: indirekte Beweise)
phanthasmo, 20:42h
Hier mal eine kurze Erläuterung darüber, was denn diese indirekten Beweise sein sollen. Wir haben bisher schon zwei Beispiele für solche Gedankengänge (und werden in Zukunft viele weitere sehen). Daher ist es durchaus auch mal lohnenswert, sich die Theorie dahinter anzusehen.
Wir betrachten zunächst ein grundlegenderes Konzept bei Aussagen, nämlich die Implikation. Wir formulieren für zwei Aussagen A und B (die beliebig sein können) folgendes als Implikation:
A => B (sprich: aus A folgt B)
Die Implikation verknüpft die beiden Aussagen A und B miteinander. Sie ist wahr, wenn A falsch oder A und B wahr sind. Diese abstrakte Tatsache überlegt man sich am besten an einem einfachen Beispiel:
A = Es regnet.
B = Der Boden ist nass.
Nun gehen wir mal alle Möglichkeiten durch:
(i) Seien A und B falsch
:- Es regnet nicht und der Boden ist nicht nass
(Ein Zustand, der durchaus vorkommen kann)
(ii) Sei A wahr und B falsch
:- Es regnet aber der Boden ist nicht nass
(Ein Zustand, der so nicht vorkommen kann. Wenn es nämlich regnet, ist der Boden immer nass)
(iii) Sei A falsch und B wahr
:- Es regnet nicht aber der Boden ist nass
(Könnte durchaus auch vorkommen, wenn jemand einen Eimer Wasser über den Boden kippt. Wir sagen bei A => B nur, dass wenn A gilt, auch B gelten muss. Andersrum gilt das nicht!)
(iv) Seien A und B wahr
:- Es regnet und der Boden ist nass
(Logischerweise wahr)
Ich weiß, dass dieses Beispiel nicht gerade sehr gut gewählt ist. Es ist schwer, die Implikation intuitiv einzuführen. Denn man kann hier sagen, dass in Fall (ii) ja auch jemand einen Laken über den Boden hätte spannen können. Das ist durchaus richtig. Aber wir dürfen an dieser Stelle nicht so praktisch denken. Unsere Annahme ist ja A => B, d.h. aus Regen folgt nasser Boden, ganz egal, welche Umstände vorliegen. Demnach ist auch ein Laken (in der Theorie!) kein Hindernis des Regens, den Boden nass zu machen.
Wenn man diese Aussageform erst einmal verarbeitet hat, können wir mit dem eigentlichen indirekten Beweis beginnen:
nicht B => nicht A
Wir negieren unsere Aussagen A und B und "drehen" die Implikation einfach um. Wir erhalten somit aus "Wenn es regnet, wird der Boden nass" die Aussage "Wenn der Boden nicht nass ist, dann regnet es nicht". Diese Beiden Aussagen sind logisch äquivalent zueinander. Das heißt, wenn ich eine Aussage zeigen möchte, kann ich auch die andere (dazu äquivalente) zeigen (im Sinne von "beweisen") und ich hätte damit auch automatisch die ursprüngliche Aussage bewiesen.
Auch das hier muss man ein wenig verdauen. Bei Bedarf, sich weiter einzulesen, empfehle ich weiterführende Literatur (tatsächlich ist das hier eines der ersten Themen in jedem Logikbuch). Ich wollte das alles hier nur mal kurz beschrieben haben, damit man auch weiß, wovon ich zum Teil spreche.
Wir betrachten zunächst ein grundlegenderes Konzept bei Aussagen, nämlich die Implikation. Wir formulieren für zwei Aussagen A und B (die beliebig sein können) folgendes als Implikation:
A => B (sprich: aus A folgt B)
Die Implikation verknüpft die beiden Aussagen A und B miteinander. Sie ist wahr, wenn A falsch oder A und B wahr sind. Diese abstrakte Tatsache überlegt man sich am besten an einem einfachen Beispiel:
A = Es regnet.
B = Der Boden ist nass.
Nun gehen wir mal alle Möglichkeiten durch:
(i) Seien A und B falsch
:- Es regnet nicht und der Boden ist nicht nass
(Ein Zustand, der durchaus vorkommen kann)
(ii) Sei A wahr und B falsch
:- Es regnet aber der Boden ist nicht nass
(Ein Zustand, der so nicht vorkommen kann. Wenn es nämlich regnet, ist der Boden immer nass)
(iii) Sei A falsch und B wahr
:- Es regnet nicht aber der Boden ist nass
(Könnte durchaus auch vorkommen, wenn jemand einen Eimer Wasser über den Boden kippt. Wir sagen bei A => B nur, dass wenn A gilt, auch B gelten muss. Andersrum gilt das nicht!)
(iv) Seien A und B wahr
:- Es regnet und der Boden ist nass
(Logischerweise wahr)
Ich weiß, dass dieses Beispiel nicht gerade sehr gut gewählt ist. Es ist schwer, die Implikation intuitiv einzuführen. Denn man kann hier sagen, dass in Fall (ii) ja auch jemand einen Laken über den Boden hätte spannen können. Das ist durchaus richtig. Aber wir dürfen an dieser Stelle nicht so praktisch denken. Unsere Annahme ist ja A => B, d.h. aus Regen folgt nasser Boden, ganz egal, welche Umstände vorliegen. Demnach ist auch ein Laken (in der Theorie!) kein Hindernis des Regens, den Boden nass zu machen.
Wenn man diese Aussageform erst einmal verarbeitet hat, können wir mit dem eigentlichen indirekten Beweis beginnen:
nicht B => nicht A
Wir negieren unsere Aussagen A und B und "drehen" die Implikation einfach um. Wir erhalten somit aus "Wenn es regnet, wird der Boden nass" die Aussage "Wenn der Boden nicht nass ist, dann regnet es nicht". Diese Beiden Aussagen sind logisch äquivalent zueinander. Das heißt, wenn ich eine Aussage zeigen möchte, kann ich auch die andere (dazu äquivalente) zeigen (im Sinne von "beweisen") und ich hätte damit auch automatisch die ursprüngliche Aussage bewiesen.
Auch das hier muss man ein wenig verdauen. Bei Bedarf, sich weiter einzulesen, empfehle ich weiterführende Literatur (tatsächlich ist das hier eines der ersten Themen in jedem Logikbuch). Ich wollte das alles hier nur mal kurz beschrieben haben, damit man auch weiß, wovon ich zum Teil spreche.
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Mittwoch, 12. August 2015
Kommentar: Die Welt hat einen Anfang in der Zeit (Kant)
phanthasmo, 17:31h
"Denn, man nehme an, die Welt habe der Zeit nach keinen Anfang:"
- Gut, wir nehmen also nach dem Prinzip des indirekten Beweises an, dass die zu beweisende Aussage falsch sei, die Welt also keinen Anfang in der Zeit habe.
"so ist bis zu jedem gegebenen Zeitpunkte eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt verflossen."
- Soweit ja auch klar, denke ich. An keinem Zeitpunkt hat ein "Anfang" in dem Sinne existiert. Wir blicken also an jedem Zeitpunkt auf eine "unendliche" Vergangenheit zurück.
"Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch sukzessive Synthesis niemals vollendet sein kann."
- Hier steht nun, dass nach der Idee der Unendlichkeit (dass es nämlich immer ein Folgeglied gibt, wenn man quasi denkt, das letzte erreicht zu haben) das "Zusammenfassen" einzelner Ereignisse (der Zeitachse) niemals vollständig sein kann. Wenn man das "letzte" (hier: jüngste) Ereignis betrachtet, gibt es (nach Annahme) ein Ereignis, das auch zuvor stattgefunden hat. Somit Kann diese Kette an Ereignissen ja niemals vollständig sein.
"Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang der Welt eine notwendige Bedingung ihres Daseins; welches [...] zu beweisen war."
- Nun müssen wir nur noch sagen, dass ein jetziger Zustand aber eben vollständig das "Produkt" aller Ereignisse zuvor ist. Soetwas gibt es aber nach dem vorigen Satz ja nicht, womit wir aus der ursprünglichen Annahme einen logischen Widerspruch hergeleitet haben.
- In der Logik ist es so, dass eine Aussage entweder wahr oder falsch ist (aber nicht keines von beiden, und auch nicht beides zugleich!). Damit folgt die Behauptung.
- Gut, wir nehmen also nach dem Prinzip des indirekten Beweises an, dass die zu beweisende Aussage falsch sei, die Welt also keinen Anfang in der Zeit habe.
"so ist bis zu jedem gegebenen Zeitpunkte eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt verflossen."
- Soweit ja auch klar, denke ich. An keinem Zeitpunkt hat ein "Anfang" in dem Sinne existiert. Wir blicken also an jedem Zeitpunkt auf eine "unendliche" Vergangenheit zurück.
"Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch sukzessive Synthesis niemals vollendet sein kann."
- Hier steht nun, dass nach der Idee der Unendlichkeit (dass es nämlich immer ein Folgeglied gibt, wenn man quasi denkt, das letzte erreicht zu haben) das "Zusammenfassen" einzelner Ereignisse (der Zeitachse) niemals vollständig sein kann. Wenn man das "letzte" (hier: jüngste) Ereignis betrachtet, gibt es (nach Annahme) ein Ereignis, das auch zuvor stattgefunden hat. Somit Kann diese Kette an Ereignissen ja niemals vollständig sein.
"Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang der Welt eine notwendige Bedingung ihres Daseins; welches [...] zu beweisen war."
- Nun müssen wir nur noch sagen, dass ein jetziger Zustand aber eben vollständig das "Produkt" aller Ereignisse zuvor ist. Soetwas gibt es aber nach dem vorigen Satz ja nicht, womit wir aus der ursprünglichen Annahme einen logischen Widerspruch hergeleitet haben.
- In der Logik ist es so, dass eine Aussage entweder wahr oder falsch ist (aber nicht keines von beiden, und auch nicht beides zugleich!). Damit folgt die Behauptung.
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Montag, 10. August 2015
Kant: Die Welt hat einen Anfang in der Zeit
phanthasmo, 19:32h
Beweis:
"Denn, man nehme an, die Welt habe der Zeit nach keinen Anfang: so ist bis zu jedem gegebenen Zeitpunkte eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt verflossen. Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch sukzessive Synthesis niemals vollendet sein kann. Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang der Welt eine notwendige Bedingung ihres Daseins; welches [...] zu beweisen war."
- Immanuel Kant: Die Kritik der reinen Vernunft.
Im Gegensatz zum vorherigen Beweis von Euklid, folgt dieser keiner klaren Gedankenstruktur. Wir wissen nicht wie in der Mathematik, was wir benutzen dürfen, um unsere deduktiven Überlegungen fortzuführen. Aber dieser Beweis hat eine sehr ähnliche Struktur zu dem von Euklid. Wir nehmen das Gegenteil an und leiten daraus logisch einen Widerspruch her.
Zugegebenermaßen ist das ein sehr schwieriger Beweis, den man verdauen muss. Er ist (aus heutiger Sicht der Dinge) mit ziemlicher Sicherheit korrekt.
Bevor wir uns mit problematischeren und moderneren Beweisen und Sachtexten beschäftigen, werde ich einige weitere Beispiele dieser Art anbringen, um einfach mal das "Gespür" für einen korrekten Beweis zu vermitteln. Im nächsten Beitrag werde ich Kants Beweis hierzu weiter erläutern. Man findet insgesamt 4 * 2 solcher Beweise unter dem Namen "Antinomien der reinen Vernunft". Die sind alle nicht lange und bilden zusammen die Rechtfertigung, über ethische Entscheidungen und Handlungen zu diskutieren. Also gerne mal ansehen, um das eigene Gehirn einer Prüfung zu unterziehen :-)
"Denn, man nehme an, die Welt habe der Zeit nach keinen Anfang: so ist bis zu jedem gegebenen Zeitpunkte eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt verflossen. Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch sukzessive Synthesis niemals vollendet sein kann. Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang der Welt eine notwendige Bedingung ihres Daseins; welches [...] zu beweisen war."
- Immanuel Kant: Die Kritik der reinen Vernunft.
Im Gegensatz zum vorherigen Beweis von Euklid, folgt dieser keiner klaren Gedankenstruktur. Wir wissen nicht wie in der Mathematik, was wir benutzen dürfen, um unsere deduktiven Überlegungen fortzuführen. Aber dieser Beweis hat eine sehr ähnliche Struktur zu dem von Euklid. Wir nehmen das Gegenteil an und leiten daraus logisch einen Widerspruch her.
Zugegebenermaßen ist das ein sehr schwieriger Beweis, den man verdauen muss. Er ist (aus heutiger Sicht der Dinge) mit ziemlicher Sicherheit korrekt.
Bevor wir uns mit problematischeren und moderneren Beweisen und Sachtexten beschäftigen, werde ich einige weitere Beispiele dieser Art anbringen, um einfach mal das "Gespür" für einen korrekten Beweis zu vermitteln. Im nächsten Beitrag werde ich Kants Beweis hierzu weiter erläutern. Man findet insgesamt 4 * 2 solcher Beweise unter dem Namen "Antinomien der reinen Vernunft". Die sind alle nicht lange und bilden zusammen die Rechtfertigung, über ethische Entscheidungen und Handlungen zu diskutieren. Also gerne mal ansehen, um das eigene Gehirn einer Prüfung zu unterziehen :-)
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Samstag, 8. August 2015
Euklid: Die Quadratwurzel aus zwei ist irrational
phanthasmo, 23:36h
Beweis:
Wir nehmen an, dass die Wurzel aus zwei rational wäre. Dann muss es aber einen Bruch der Form a/b mit ganzzahligem Zähler a und Nenner b, die teilerfremd sind, sodass (a/b)² = 2 gilt.
Durch Anwenden des Quadrates auf Zähler und nenner folgt: a²/b² = 2. Multiplizieren mit b² liefert dann: a² = 2b².
a² ist somit das Doppelte einer Zahl b² und somit gerade. Da a² gerade ist, ist auch a gerade. Wir können also a darstellen durch: a = 2k für ein k aus der Menge der ganzen Zahlen.
Nun ist aber 2b² = a² = (2k)² = 4k². Hieraus liefert die Division durch zwei: b² = 2k². Aus derselben Begründung folgt nun auch hier, dass b² und somit auch b gerade sein muss.
Wir sehen nun, dass a und b gerade sind. Somit ist die Zwei ein gemeinsamer Teiler von a und b. Nun aber ist dies ein Widerspruch zu unserer anfänglichen Annahme, dass a und b teilerfremd sind.
Damit folgt, dass die Wurzel aus zwei nicht rational (und somit irratonal) sein muss.
Was haltet Ihr von diesem Beweis? Dies ist eines der ersten Beweise, die nach dem Prinzip des "reductio ad absurdum" geführt wurde.
Wir nehmen an, dass die Wurzel aus zwei rational wäre. Dann muss es aber einen Bruch der Form a/b mit ganzzahligem Zähler a und Nenner b, die teilerfremd sind, sodass (a/b)² = 2 gilt.
Durch Anwenden des Quadrates auf Zähler und nenner folgt: a²/b² = 2. Multiplizieren mit b² liefert dann: a² = 2b².
a² ist somit das Doppelte einer Zahl b² und somit gerade. Da a² gerade ist, ist auch a gerade. Wir können also a darstellen durch: a = 2k für ein k aus der Menge der ganzen Zahlen.
Nun ist aber 2b² = a² = (2k)² = 4k². Hieraus liefert die Division durch zwei: b² = 2k². Aus derselben Begründung folgt nun auch hier, dass b² und somit auch b gerade sein muss.
Wir sehen nun, dass a und b gerade sind. Somit ist die Zwei ein gemeinsamer Teiler von a und b. Nun aber ist dies ein Widerspruch zu unserer anfänglichen Annahme, dass a und b teilerfremd sind.
Damit folgt, dass die Wurzel aus zwei nicht rational (und somit irratonal) sein muss.
Was haltet Ihr von diesem Beweis? Dies ist eines der ersten Beweise, die nach dem Prinzip des "reductio ad absurdum" geführt wurde.
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